Neue Anforderungen an die Zukunftssicherung

Wien (OTS) – Zukunftsforscher Prof. Dr. Markku Wilenius sieht für das kommenden Jahrzehnt neue Megatrends, die ganz entscheidend das Verhältnis zwischen Unternehmen und Konsumentne in der Finanzdienstleistungsbranche verändern wird. Klimawandel, Virtualisierung und demografischer Wandel führen zu einer neuen Nachfragestruktur des "globalen Konsumenten". Die Nachfrageseite wird an Macht gewinnen, das heißt, die Anbieter von Finanzdienstliestungen werden sich in Zukunft stäker an die Bedürfnisse ihrer Kunden anpassen müssen. Individuelle Lösungen für jede Lebenslage sind gefragt.

"Als Versicherer sind wir seit jeher systemimmanent für Zukunftssicherung zuständig, und zwar nachhaltig. Unser Geschäftsmodell steht für gesellschaftliche Verantwortung – und muss
daher mit einem Ethik- und Zukunftsverständnis als Fundament einhergehen, das mit folgenden Grundwerten operiert: Vertrauen, Sicherheit, Stabilität und Nachhaltigkeit", erklärte Dr. Wolfram Littich, Vorstandsvorsitzender der Allianz Gruppe in Österreich, anlässlich des Allianz Medienforums für Umwelt und Zukunft. Mit diesen Werten sei die Allianz für die Zukunft gut aufgestellt – und sich ebenso ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst: "Wir haben ein ureigenes Interesse an einem proaktiven Umgang mit den Herausforderungen unserer Zeit und der Zeit, die folgen wird. Deshalb ist Zukunftsforschung innerhalb der Allianz ein großes Thema", so Littich.

Prof. Dr. Markku Wilenius, Senior Advisor Group Economic Research and Corporate Development in der Allianz SE, Zukunftsforscher und Vorstandsmitglied des Club of Rome, bringt die Auswirkungen der vier zentralen Schlüsseltrends auf den Punkt: "Globale Machtverschiebungen werden das Geschäftsmodell der Finanzdienstleistungsindustrie nachhaltig verändern: Wir erwarten ein Jahrzehnt, in dem Kunden an Macht gewinnen und Unternehmen mehr denn je gefordert sein werden, individuelle Lösungen anzubieten – mit messbaren Resultaten für den Kunden."

Megatrend Klimawandel: Belastbarkeitsgrenze der Erde wird erreicht

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden sich in den nächsten Jahren verbessern: Wilenius erwartet ein globales Wirtschaftswachstum von rund 3 Prozent pro Jahr. Emerging Markets bleiben der Wachstumsmotor, Chinas Aufstieg werde weitergehen, ebenso werde ein Aufwärtstrend von Energie- und Rohstoffpreisen erwartet. Damit in engem Zusammenhang steht auch die Ressourcenknappheit:  "Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir nicht mehr so verschwenderisch mit unseren  Ressourcen umgehen können. Die Belastbarkeitsgrenze der Erde ist erreicht", so Wilenius. Die meisten Ökosysteme befinden sich im Niedergang, ob tropische Wälder oder Trinkwasservorkommen.  Dazu kommen alarmierende Zahlen aus der Naturgefahrenstatistik, die  einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und einer steigenden Zahl von  Schäden zeigen: In den letzten 30 Jahren hat sich die Zahl an wetterbedingten Schäden  verfünfzehnfacht – eine Prolongation dieses Trends wird erwartet. Der Klimawandel bietet aber auch  Chancen: Um diesem entgegenzuwirken, kann die Versicherungswirtschaft ihre  Risikomanagement-Expertise insbesondere für den privaten Bereich nutzbar machen, beispielsweise in Sachen Prävention und Energieeffizienz. Die Herausforderung besteht darin, herauszufinden, wie  Unternehmen und Kunden Teil der Lösung sein können: "Daher gehen wir vom einfachen Investieren  in erneuerbare Energien weiter zur Entwicklung von Produkten, die den Menschen dabei helfen, ihre  Ressourcen sinnvoll zu nutzen. Das ist ein Megatrend, der nicht mehr verschwinden wird", so Wilenius.

Demografischer Wandel läutet Generationenwechsel ein

Als weiteren Schlüsseltrend definiert Wilenius den demografischen Wandel: Die Weltbevölkerung wird von heute 6,6 Milliarden auf 9,2 Milliarden in 2050 steigen, davon werden mehr als 400 Millionen
Menschen über 80 Jahre alt sei. Durch die steigende Lebenserwartung und den Wunsch nach höherer Lebensqualität bis ins hohe Alter wird Vermögensverwaltung verstärkt nachgefragt. Gerade dann, wenn die geburtenstarken Jahrgänge ihr angespartes Vermögen an die jüngere Generation vererben, werden neue Lösungen gefragt sein. Auch Möglichkeiten in Sachen Pflege und Verbesserung der medizinischen Versorgung werden eine wichtige Rolle spielen. "Wir müssen Langlebigkeit und Aging in unsere Geschäftsmodelle inkludieren", erklärt Wilenius. Nicht nur die Überalterung der Gesellschaften und die wachsende Lebenserwartung der Menschen, sondern auch der dramatische Generationenwandel findet jetzt statt: Die geburtenstarken Jahrgänge machen auf dem Arbeitsmarkt für eine neue Generation Platz. Diese Entwicklungen werden in weiten Teilen der industrialisierten Welt von einer Krise in staatlichen Pensions- und Gesundheitssystemen flankiert. Dadurch wird die Bedeutung privater Vorsorge zunehmen. Da sich auch die Familienstrukturen kontinuierlich ändern, ergibt sich ein erhöhter Bedarf für Vermögensmanagement und Services für Singles, ist Wilenius überzeugt. "Mit dem Generationenwechsel geht ein kultureller Wandel einher. Wir müssen darauf vorbereitet sein", erklärt Wilenius.

Kunden gewinnen an Macht

Auch das Verhältnis zwischen Kunden und Unternehmen wird sich verändern: "Die neue Partnerschaft zwischen Kunden und Dienstleister verlangt eine andere Art der Interaktion", so Wilenius.  Globalisierung schreitet voran, damit einhergehend werden Technologie und Innovation die Zukunft  der Finanzdienstleistung prägen. Die Versicherungsindustrie wird digital: 41 Prozent der Konsumenten weltweit nutzen Online-Tools als Basis für finanzielle Entscheidungen, 92 Prozent aller Internetuser  zwischen 30 und 49 Jahren nutzen e-commerce. Auch die Erwartungshaltung der Kunden an die  Unternehmen wird weiter steigen: Konsumenten erwarten Service – und zwar überall, sofort, einfach  und schnell. Dabei möchten sie selbst über den Zeitpunkt und den Kanal entscheiden, über den sie  mit dem jeweiligen Unternehmen in Kontakt treten. Diese veränderten Bedürfnisse bieten für  Unternehmen aber auch Chancen: Durch eine steigende Interaktion mit den Konsumenten können  Unternehmen lernen, die Bedürfnisse des Konsumenten besser zu verstehen, speziell jüngere  Konsumenten können einfacher kontaktiert werden.

Bei der Auswahl der Produkte wird Individualisierung weiter hoch im Kurs stehen. Individuell  zugeschnittene Produkte sollen nach Möglichkeit einfach zu verstehen und mit anderen Produkten vergleichbar sein. Der Konsument gewinnt gegenüber dem Unternehmen an Macht – erkennt aber  auch dessen Bedeutung als Serviceanbieter und Experte an: Da das Leben komplexer und Zeit ein knapperes Gut werden, gewinnen persönliche Hilfeleistungen bzw. Assistance an Bedeutung.  Kunden suchen zusehends Hilfe bei Coaches, Beratern und Therapeuten, um wichtige  Entscheidungen an vertrauenswürdige Quellen auszulagern. Die Qualität der Beratung sowie das  Zuschneiden der Serviceleistung auf individuelle Bedürfnisse werden hier zu den  Schlüsselqualifikationen des Unternehmens zählen.

Nachhaltigkeit als Erfolgsgarant

Aus den Trends leitet Wilenius ab, dass ein Unternehmen wie die Allianz auch global präsent sein muss, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Dazu ist es notwendig, sich absehbaren Veränderungen anzupassen – auch und gerade bei den Kundenbeziehungen: "Nachhaltigkeit bedeutet  Zukunftssicherung und liegt somit im ureigenen Interesse eines jeden Unternehmens: Wer heute sensibel genug ist, die gesellschaftlichen Veränderungsprozesse wahrzunehmen und mutig genug ist, entscheidende strategische Weichenstellungen vorzunehmen, wird auch in Zukunft als starker Partner des Kunden reüssieren", so Wilenius abschließend.